Von der KÖ ins Web

Wer hier einkauft, gibt sich nicht mit Mittelmaß zufrieden. Edle Marken und feinste Designs dominieren das Geschäft für Kindermode schon seit 1978, als Barbara Frères ihren Laden auf der Düsseldorfer Königsallee gründete. Die Kundschaft stammt aus aller Welt, zu vielen Familien hält das Unternehmen seit langem Kontakt. Wer im Winter zum Skifahren nach Lech reist, wer die Sippe lieber in der Karibik versammelt – bei Barbara Frères wissen sie es.

Philippe Frères, Sohn der Gründerin und heute mit Sophie Spethmann für die Geschäfte verantwortlich, hält die besondere Nähe zu den Kunden genauso hoch wie früher seine Mutter. Und doch sind die beiden vor zwei Jahren einen Schritt weiter gegangen. Einen, den viele Einzelhändler scheuen – den Schritt in die digitale Welt. „Oft fehlt einfach die persönliche Affinität oder das Wissen, welche Partner man dafür braucht“, so Christian Underwood. Anders bei dem jungen Unternehmerpaar: Sie bauen nicht nur den Online-Kosmos rund um die Marke Barbara Frères kontinuierlich weiter aus. Sondern schaffen zugleich digitale Innovationen, die für den gesamten Einzelhandel Maßstäbe setzen sollen.

Philippe Frères und Sophie Spethmann digitalisieren die Traditionsmarke

Philippe Frères und Sophie Spethmann digitalisieren die Traditionsmarke

Tradition und Modernität verbinden

„Früher kamen internationale Kunden nur mit uns in Kontakt, wenn sie auf Geschäftsreise in Düsseldorf waren“, sagt Frères. „Um das Potential am Markt besser auszuschöpfen, mussten wir also die Chancen der Digitalisierung nutzen. Zumal gerade unsere Klientel in Russland und den Golfstaaten sehr online-affin ist.“ Der erste Schritt: eine Schärfung der Corporate Brand, inklusive Weiterentwicklung des Key-Visuals. Der Claim „Your Childrens Fashion Curator“ bringt dazu ein Selbstverständnis zum Ausdruck, das tief in der DNA der Marke wurzelt. „Die Herausforderung war, Tradition und Modernität zu verbinden – und sich auch im Web klar auf die Bedürfnisse der exklusiven Zielgruppe zu fokussieren“, erklärt Christian Underwood. In der digitalen Welt der Marke finden die Besucher neben dem Online-Shop deshalb inzwischen ein hochwertiges Web-Magazin, das Geschichten aus der Kindermodewelt erzählt. Zusätzlich versorgt Barbara Frères die wachsende Community der Marke über Instagram und Blogger-Kooperationen mit aktuellen Kindermode-News. Services wie der „Bespoke Shop“ für individuelle Unikate oder die „Curated Outfit Packages“ zum Anprobieren zu Hause, früher nur im Flagship-Store verfügbar, lassen sich jetzt auch über das Web buchen. „Wir trennen nicht mehr zwischen on- und offline“, so Philippe Frères. „Auf beiden Kanälen bieten wir die gleiche Exklusivität.“

 

Live-Video-Shopping vom Sofa aus

Erst recht, seitdem Spethmann und Frères ein selbst entwickeltes Tool in ihr Angebot integriert haben, das inzwischen über die Kindermode hinaus für Furore sorgt: Live-Video-Shopping mit der LiSA-Technologie, 2016 mit dem Innovationspreis des Handels ausgezeichnet. „LiSA ist nicht einfach nur Video-Telefonie“, so Sophie Spethmann, die lange Zeit digitale Innovationen beim Handelsriesen Metro Group verantwortet hat. „Die Kunden können sich vom Sofa aus von unseren Beraterinnen durch den Store führen lassen.“ Das modulartig aufgebaute System erlaubt es, parallel zum Verkaufsgespräch zusätzliche Produktinformationen einzublenden, und kann in Zukunft direkt ans Warenwirtschaftssystem angedockt werden. Im Shop steht den Beraterinnen für die Video-Beratung ein mobiles, eigens designtes LiSA-Gerät zur Verfügung, Downloads und Installationen auf Kundenseite sind nicht nötig. Zwei bis drei Beratungs-Sessions pro Woche führen die Mitarbeiterinnen aus dem Düsseldorfer Store inzwischen bereits durch. Noch läuft der Erstkontakt zwar meist über einen Besuch im Laden, häufig empfehlen die Kunden den Service aber an Familienmitglieder und Freunde weiter. Wie der dominikanische Geschäftsmann, der vor einigen Monaten den Laden auf der Kö besuchte und ihn daraufhin seinem kinderreichen Bruder ans Herz legte: Der bestellte mithilfe von LiSA gleich für den gesamten Clan – und hat sich inzwischen zum Stammkunden entwickelt.


Persönliche Lösung statt Chat-Bot
Vor allem die Schulung der Beraterinnen, erzählt Spethmann, war aufwändig. „Aber es hat sich ausgezahlt, dass wir statt auf einen anonymeren Chat-Bot auf so eine persönliche Lösung setzen. Inzwischen sind sowohl die Kunden als auch die Mitarbeiter begeistert.“ Im Schnitt kaufen Kunden bei einer LiSA-Session deutlich mehr als beim Besuch im Geschäft, zudem schließen sie ihren Einkauf häufiger direkt ab. Spethmann und Frères sind überzeugt davon, dass ihre Lösung auch für andere Anbieter im beratungsintensiven Einzelhandel Potential hat. Deshalb vermarkten sie LiSA inzwischen unabhängig von der Marke Barbara Frères über das Portal hello-lisa.com Händler etwa für Küchenmöbel, Mode, Schmuck und Elektronik sind bereits im Boot. Gespräche mit Investoren dazu laufen. In Start-up-Atmosphäre, stilgerecht in einem weitläufigen Hinterhof-Büro in Düsseldorf, entwickeln Spethmann und Frères LiSA derweil weiter. Der Video Shopping Boom hat ja gerade erst begonnen.